Lockdown-Tagebuch

Tag 10 – Do, 21.01.21

Judith21. Januar 2021

Ich wache auf und lese eine Nachricht von meiner Jugendfreundin Melitta:
„Hab einen schönen Tag, das ist das Wichtigste, was auch immer die beiden mitnehmen werden, unsere liebevollen Worte bleiben.“
Ich denke: „Jaaaa… So mache ich das heute!“

*und jetzt gerade denke ich: „Boaaa, klingt irgendwie, wenn man es niederschreibt, echt kitschig.“ %-)

Wir sind spät dran (wir schlafen in Lockdown-Zeiten gerne länger), Tochter schafft es gerade rechtzeitig zum Mathe-Unterricht um 09:45 Uhr. Ich suche währenddessen hektisch die Mappe der Lehrerin, in der die Hefte für den heutigen Call drin sind.

Mann ej.
Der !@#$% – Stresspegel kann doch nicht JETZT schon so hoch gehen.

Ich atme. Finde die Mappe.

Heute versuche ich mal was Neues. Ich putze und räume die Wohnung auf, während die beiden arbeiten. Und das mache ich NUR, weil es hier langsam wie Sau aussieht.
Sohn sitzt währenddessen bei mir, macht englisch, ich höre ihn Vokabeln ab. Viele ungute Erinnerungen an Vokabellernen aus Schulzeiten kommen hoch. Ich bin so froh, dass ihm das leicht von der Hand geht.

Tochter kommt hoch und will Pause machen.
„Wenn Du mit dem Zwergenheft fertig ist.“
„Mama, darf ich Dir in der Pause dann beim Putzen helfen?“
* ich gucke sehr verliebt

Schnell zur Apotheke, die antibiotische Salbe für den Sohn abholen. Keine Ahnung, ob die Salbe, die ich ihm die letzten zwei Tage draufgeschmiert habe, nicht schon abgelaufen war. Aber heute kamen noch keine „Es brennt!“-Schreie. Scheint also gut gegangen zu sein.

Ich stehe unten in der Küche, mache mir meinen ersten Kaffee, überlege, was ich heute mache, also welche der vielen Punkte (Job) ich in kurzer Zeit schaffen könnte und gucke auf die Uhr.
11:40 Uhr
WHAT? 11:40 Uhr?!
Wieso ist es schon so spät?!
Okee, ich mache die Kalkulation für das neue WERTE-Spiel. (Wunschdenken)

Tochter arbeitet heute super, Sohn ist komplett unkonzentriert und schafft heute quasi gar nix. Keine Ahnung, was mit ihm los ist. Wir pampen uns gegenseitig an. Okee, ich pampe rum, er ist wie immer nur mein Spiegel. Zwischenzeitlich bekomme ich die Info, dass seine Mappe wieder aufgetaucht ist.

Während die beiden also mehr oder weniger arbeiten, sitze ich hier und sortiere alles, was in der Schule abgegeben werden muss. Und was die beiden abheften, einsortieren müssen
Ziel ist es nämlich, morgen nichts zu machen!
Sohn hat Geburtstag und hat sich gewünscht, dass wir alle vier NICHT arbeiten.

Um 13:40 Uhr wir sind mit allem fertig (Wochenpläne haben wir nicht komplett geschafft, iss jetzt halt so), alles ist ordentlich abgeheftet, ich fahre kurz zur Schule, die Mappen wegbringen.

Ach ja, und ich habe kein Stück gearbeitet.
Wie können zwei Stunden so schnell rumgehen? Ich habe nur für die beiden „gearbeitet“?
DAS ist ja das Verrückte. In diesen paar Zeilen (11:40 bis 13:40 Uhr) steckt so wenig TO DO (für mich/Arbeit) drin und trotzdem ist ZACK! die Zeit rum. Und ich habe NIX geschafft.
*PFFF

Meine Freundin Kitty kommt mit ihrer Tochter (unsere Lockdown-Premiumfreunde), wir schwingen uns alle aufs Fahrrad und fahren Richtung Decksteiner Weiher. Die Kinder entdecken ein großes Tipi aus Ästen und sind schwer beschäftigt. Die nächsten anderthalb Stunden stehen wir da am Wegesrand und können einfach quatschen.

Endlich habe ich Pause.

Zuhause toben die drei noch ein Stündchen zusammen durch die Wohnung, Kitty und ich finden Ruhe im Keller, beim Wäsche aufhängen.

Abendessen, dann dürfen die beiden noch auf KIKA was Schlaues gucken, ich backe Kuchen. … Und starte einen Sohn-Geburtstag-vorbereiten Marathon. Gegen 01:00 Uhr bin ich dann endlich fertig.

Ab ins Bett, den Tagebuch-Eintrag noch online setzen, SCHNARCH!

Ach ja, das mit Melittas WhatsApp „liebevolle Worte und so“ hat nicht geklappt. Und geknuddelt habe ich auch nicht genug.

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