Wie es sich anfühlt, Nicht-2G zu sein

Wie es sich anfühlt, Nicht-2G zu sein

Heute habe ich unsere Tochter (7J.) zum Schwimmen gebracht. Eigentlich wollte ich nur kurz mit rein, um ihr nochmal den Schließvorgang der Schränke in den Umkleidekabinen zu üben. Den Rest kann sie allein. Es ist so toll, dass sie schon so selbstständig ist.

Ich wurde aber nicht reingelassen.
Weil ich mich nicht als genesen oder geimpft ausweisen konnte. (Test hatte ich natürlich dabei)

„Und jetzt?“ fragte ich die Kassiererin?
„Tut mir leid, Sie dürfen nicht rein.“
„Und was soll ich jetzt mit meiner Tochter machen?“ fragte ich fassungslos, leider schon ein wenig lauter werdend.

Während wir diskutierten kamen viele Eltern mit ihren Kindern rein, alle zeigten wortlos ihr „G“ vor, wurden gescannt und liefen zwischen mir und der Kassiererin durch.

Ich wurde langsam sauer, weil ich die Situation immer abstruser fand. Und wurde leider noch ein bisschen lauter (sorry!). „Was soll ich denn jetzt mit meiner Tochter machen? Sie grenzen meine Tochter aus.“

„Ich rufe jetzt meinem Kollegen.“
„Ja, vielleicht kann der ja helfen.“

Weiterhin liefen alle Eltern an mir vorbei.
Wohlgemerkt: an mir UND meiner Tochter.

Ein Vater mischte sich sogar ein, teilte mir mit, dass die Kassiererin ja wohl nichts dafür könne, dass sein nun mal die Regeln. Und murmelte noch irgendwas (mit Sicherheit nicht Nettes) zur Kassiererin.

Mittlerweile war der Kollege da. Er erklärte mir auf die gleiche Ich-kann-nichts-dafür-aber-so-ist-es-nun-mal-Art, dass das ab heute die neuen Regeln wären.

Wieder frage ich, was ich jetzt mit meiner Tochter tun soll.
„Fragen Sie doch jemanden der anderen Eltern, ob jemand sie mit reinnehmen kann.“
„Ich kenne hier keinen.“
Innerlich schreie ich: „Sehen Sie irgendjemand, der mir Hilfe anbietet?!“

Während ich noch denke „Das ist hier doch ein Familienbad, die sind doch kinderfreundlich, wie können die gerade so reagieren und mir und somit meiner Tochter nicht helfen?!“, kommt die Rettung in Form eines Kitapapas.
(Danke, danke lieber M.!)

Er sieht, dass ich mittlerweile recht aufgelöst bin, fragt was los ist und sagt „Alles gut, ich mach das mit Deiner Tochter.“
ZACK! Problem gelöst. Danke.

„SO EINFACH GEHT DAS!“ denke ich, „Danke Familienbad-Kassiererin und So-sind-die-Regeln-Kollege für eure NICHT-Hilfe.“

Ich gehe raus und muss erst mal weinen. Sehr weinen.
Ich bin fassungslos.
Bestürzt.
Wütend.

Ich habe innerhalb kürzester Zeit (3-4 Minuten) das volle Programm der Ausgrenzung, des Wegsehens, des sich Verbrüderns gegen den „gemeinsamen Feind“ (der unsympathische Papa) erlebt.

Das Schlimmste, was mir heute bewusst wurde:
2G grenzt Kinder aus.
Werden wir alle in den kommenden Ferien erleben. Wenn unsere Kinder nicht mehr PCR-getestet aus der Schule kommen. Dann dürfen sie nicht ins Schwimmbad, ins Kino oder was-weiß-ich-denn-wohin.
(Ausnahme: der Lockdown kommt, dann isset eh alles ejal)

Mitte August habe ich einen Artikel gelesen, in dem berichtet wurde, dass „ab Montag 2G-Pflicht im öffentlichen Raum von New York“ besteht. Auf dem Foto über dem Artikel war ein schwarz-weiß Bild von zwei Menschen mit dem Davidstern.

„Puuuh…“, dachte ich, „das Bild im Zusammenhang mit dem Text, …. grenzwertig!“
(Weil Ungeimpfte ja nicht verfolgt, gefoltert und ermordert werden.)
Habe aber auch den Sinn dahinter verstanden, das plakative Aufzeigen.
Letztlich hat es damals mit Ausgrenzung und Wegsehen angefangen.

Eine befreundete Familie, nicht geimpft, drei Wochen Quarantäne, Tochter (9J.) ist den ersten Tag wieder in der Schule und bekommt von einer Klassenkameradin gesagt, dass sie nicht nebeneinander sitzen dürfen, weil die Eltern dieses Mädchens nicht geimpft sind (jetzt aber genesen).
Geht’s noch?!?!!!

Umgeimpfte, die vorsichtig sind, sich viel testen (lassen), sich umsichtig verhalten, gehen zur Arbeit und haben dann so ne Flachpfeife neben sich sitzen, die gerade den 11.11. ausgiebig gefeiert haben.
Beide gehen in Quarantäne, der Ungeimpfte bekommt keine Lohnfortzahlung.

Usw.

Eine wichtige Sache noch, die ich dann ne knappe Stunde von draußen beobachten durfte: die Kassiererin hat sich von jeder/m das Zertifikat zeigen lassen. Nur halt irgendwie die Ausweise dazu nicht.
So ist das mit den Regeln. Ist Auslegungssache an welche Regeln man sich hält…

Ihr Lieben,
lasst uns bitte nicht weiter in diese Richtung gehen, in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft.
Schaut nicht weg. Das ist nicht richtig, was gerade passiert.

Ich habe auch keine Lösung.
Lasst uns
aufeinander achten,
uns in unserer Andersartigkeit akzeptieren,
das Recht auf die eigene Meinung, den eigenen Standpunkt haben.

Ich gehe jetzt schlafen.
Es gab mal eine Zeit, da habe ich viel geweint. Jeden Tag.
Seitdem bin ich jedes Mal schlagskaputt, wenn ich auch nur kurz weine. Irgendeine Verknüpfung scheint da noch in meinem Kopf zu sein…
Deswegen gehe ich jetzt sehr müde und sehr früh ins Bett.

Gute Nacht.

P.S.: Zwei wichtige, ergänzende Punkte noch:

1.
Ich möchte mich nicht impfen zu lassen. Stand jetzt. Warum wieso weshalb erkläre ich vielleicht mal in einem anderen Blogpost. Dieses Recht auf nicht-impfen steht mir zu.

2.
Ich bin frisch genesen.
Wir sind seit letzter Woche aus der dreiwöchigen (okee, ich zwei, Mann und Kinder drei Wochen) Quarantäne raus.
Ein Zertifikat haben wir immer noch nicht, die lapidare Auskunft vom Gesundheitsamt lautet: „Genesenenschreiben werden nach der gesetzlichen Grundlage automatisch nach 28 Tagen versendet. Alternativ können Sie sich ein Genesenenzertifikat in der Apotheke ausstellen lassen.“
Letzteres werde ich dann also morgen mal angehen und hoffe, dass das klappt in der Apotheke.

Dass ich frisch genesen bin, habe ich der Kassiererin übrigens auch gesagt. Sie hat mir natürlich nicht geglaubt. Weil dann hätte ich ja wohl ein Zertifikat. Tjaaa…

25.11.12 NACHTRAG:
Soeben habe ich gelesen: „Kinder und Jugendliche bis einschließlich 15 Jahre sind von Beschränkungen auf 2G und 2G-plus allerdings ausgenommen.“ (gilt für NRW)
Das wusste ich nicht. Und das macht mich sehr froh.
Bleiben dann da die ungeimpften 16- und 17-jährigen, denen „einsame“ Ferien bevor stehen…

Foto: via www.imago-images.de | Credit: imago images/Bihlmayerfotografie
Urheberrecht: imago images/Bihlmayerfotografie

Nachtrag zu diesem Blog: „… eine Woche später“

Judith

Künstlermanagerin, Lebensgestalterin, Familienmanagerin

5 Comments

  1. Dein Beitrag macht mich schon wieder fassungslos! Komm doch bitte mal raus aus deiner Opferrolle! Dein eigener Standpunkt, und dass du dich nicht impfen lassen willst, sind dir doch unbenommen, aber leb dann bitte mit den Konsequenzen! Wenn du nicht einsiehst, dich im Auto anzuschnallen, steht es dir frei, Fahrrad zu fahren. Wir leben in einer Solidargemeinschaft, und ich finde deine Haltung wirklich sehr egoistisch. Meine beiden Töchter und mein Mann sind übrigens gerade mit Corona infiziert. Meine große Tochter Luisa war zunächst nur vorsorglich in Quarantäne, da sie neben einer Schülerin saß, die infiziert war, und – erlaubterweise- keine Maske in der Schule getragen hatte. Kurze Zeit später wurde auch Luisa positiv getestet. Sie steckte dann ihre Schwester und ihren Vater an. Das nur zu deinem Thema „Kinder sollten keine Maske tragen“. Eine Maske hätte Luisas Ansteckung möglicherweise verhindert.

    • Hallo Sandra,
      inwiefern habe ich geschrieben, dass ICH Opfer bin?
      Ich kenne die Konsequenzen. Und wenn es nicht mehr geht, dann werde ich mich impfen lassen, nur damit ich solche Situation vermeiden kann, um unsere Kinder zu schützen.

      Bitte lies meinen Post nochmal, vielleicht mit diesem Gedanken im Hinterkopf:
      „Lasst uns
      aufeinander achten,
      uns in unserer Andersartigkeit akzeptieren,
      das Recht auf die eigene Meinung, den eigenen Standpunkt haben.“

      Dann liest Du, dass es mich fassungslos gemacht hat, dass mir in dem Moment keiner helfen konnte/wollte. Ich sage jetzt „mir“, meine aber letztlich „meiner Tochter“.
      Aber vielleicht habe ich mich auch nicht gut genug ausgedrückt. Es tut mir leid, dass mein Post Dich so triggert. Dein Ton finde ich unangemessen.

      Ich wünsche euch allen gute Besserung.

  2. Warum sollte mich dein Post triggern? Du weißt, was triggern im psychologischen Sinne bedeutet? Ich habe – genau wie du – meine Meinung, und die habe ich dir gesagt. Offen und ehrlich – und das ist auch mein Ton. Lass uns aufeinander achten – da bin ich ganz bei dir! Meine Losung ist aber auch: Schütze dein Gegenüber! Verhalte dich solidarisch!

    • Hallo Sandra,

      in den sozialen Medien wird „der Begriff „triggern“ in einem allgemeineren Sinn verwendet. Es wird davon gesprochen, dass jemand getriggert wurde, wenn diese Person etwas sehen oder hören musste, was ihr nicht gefiel und wenn ihre Gefühle verletzt wurden.“
      So verstehe ich „triggern“ und so wird der Begriff im Sprachgebrauch verwendet.

      Im psychologischen Sinn wird der Begriff „Trigger“ oft im Zusammenhang mit posttraumatischen Ereignissen verwendet. DAS meine ich natürlich nicht. Und das weißt Du auch.

      Ein letzter Satz von mir, dann sollten wir aufhören.
      Die aktuelle Impfquote liegt bei 68%. Ich bin mir sehr sicher, dass diese Impfquote nicht nur mit Solidarität zu tun hat.
      Sondern mit „ich will reisen / Angst vor Ausgrenzung / ich will meine Ruhe / Gruppenzwang“ etc.
      Das ist meine Erfahrung aus vielen Gesprächen.

  3. Liebe Judith
    Ich finde es wirklich unfassbar, daß niemand gleich Hilfe angeboten hat!
    Es wäre ja schon ausreichend gewesen, wenn jemand vll vom Personal sich bemüht hätte, das Kind am die Hand genommen hätte und ihm alles gezeigt hätte….. Unfassbar, geht gar nicht!!!
    Davon ab, gerade jetzt, sollten da auch die Kursleiter mehr drauf achten, und die Kinder am Eingang in Empfang nehmen!
    Es gibt immer noch viele ungeimpfte, aus welchen Gründen auch immer, aber es kann ganz sicher nicht ständig zu Lasten der Kinder gehen!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Judith´s Blog

Judith

Neueste Beiträge

Ältere Beiträge

Neueste Kommentare

Highlights